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  Wie ein offenes Buch2
 
Kapitel 3 - Wie ein offenes Buch 2

Sie sah auf, ihre großen brauen Augen erstarrten – fast perplex – und voller stummer Fragen. Es war derselbe Ausdruck der meine Sicht die ganze letzte Woche blockiert hatte.
Als ich in diese seltsam tiefen braunen Augen blickte, merkte ich dass sich der Hass – der Hass von dem ich dachte, dass dieses Mädchen ihn verdiente nur weil sie existierte – in Luft aufgelöst hatte. Jetzt bloß nicht atmen, nicht ihren Duft schmecken, es war schwer vorstellbar, dass jemand so verletzliches Hass verdiente.
Ihre Wangen wurden rot und sie sagte nichts.
Ich schaute ihr weiterhin in die Augen, konzentrierte mich nur auf die fragenden Zweifel und versuchte die appetitliche Farbe ihrer Haut zu ignorieren. Ich hatte genug Atem um noch eine Weile weiter zu sprechen ohne einatmen zu müssen.
„Meine Name ist Edward Cullen,“ sagte ich obwohl ich wusste, dass sie das wusste. Es war höflich so zu beginnen. „Ich bin letzte Woche nicht dazu gekommen mich vorzustellen. Du must Bella Swan sein.“
Sie wirkte verwirrt – da war die kleine Falte zwischen ihren Augen wieder. Sie brauchte eine halbe Sekunde länger als gewöhnlich um zu antworten.
„Woher kennst du meinen Namen?“ fragte sie und ihre Stimme zitterte nur ganz leicht.
Ich muss ihr wirklich Angst eingejagt haben. Ich fühlte mich schuldig; Sie war so Schutzlos. Ich lachte freundlich – ein Geräusch von dem ich wusste, dass es Menschen half sich behaglich zu fühlen. Wieder war ich vorsichtig mit meinen Zähnen.
„Oh, ich würde sagen alle hier wissen wie du heißt.“ Sie muss doch bemerkt haben, dass sie zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit an diesem monotonen Ort geworden war. „Die ganze Stadt hat auf deine Ankunft gewartet.“
Sie runzelte die Stirn, als ob ihr diese Information unangenehm war. Ich vermutet, so schüchtern wie sie wohl war, musste Aufmerksamkeit etwas Schlechtes für sie sein. Die meisten Menschen empfanden das Gegenteil. Obwohl sie nicht aus der Herde austreten wollten, krochen sie gleichzeitig zum Scheinwerferlicht um ihre individuelle Uniformität zu präsentieren.
„Nein,“ sagte sie. „Ich meine, warum hast du mich Bella genannt?“
„Ist dir Isabella lieber?“ fragte ich verwirrt aufgrund der Tatsache, dass ich nicht sehen konnte wo die Frage hinführte. Ich verstand es nicht. Sie hatte ihre Vorliebe am ersten Tag mehrmals klar gemacht. Waren alle Menschen so unergründlich ohne den geistigen Zusammenhang als Hilfe?
„Nein, ich mag Bella,“ antwortete sie und legte ihren Kopf leicht zur Seite. Ihr Gesichtsausdruck – wenn ich ihn richtig las – war hin und hergerissen zwischen Scham und Irritation. „Aber ich glaube dass Charlie – ich meine mein Dad –mich anscheinend hinter meinem Rücken Isabelle nennt. Jedenfalls scheint mich hier jeder unter diesem Namen zu kennen.“ Ihr Gesicht wurde einen Rotton dunkler.
„Oh,“ sagte ich lahm und drehte mich schnell weg.
Plötzlich hatte ich verstanden, worauf ihre Frage abzielte: Ich hatte einen Ausrutscher gemacht – einen Fehler. Wenn ich die anderen Schüler am ersten Tag nicht belauscht hätte, hätte ich sie automatisch mit ihrem vollen Namen angesprochen, wie alle anderen auch. Ihr war der Unterschied aufgefallen.
Ich fühlte ein stechendes Unbehagen. Mein Ausrutscher war ihr sehr schnell aufgefallen. Sehr scharfsinnig, besonders für jemanden, der in meiner Nähe Angst verspüren sollte.
Aber ich hatte größere Probleme als die Frage was für Gedanken sie über mich in ihrem Kopf verschloss.
Ich hatte keine Luft mehr. Wenn ich weiter mit ihr reden wollte, musste ich einatmen.
Es würde schwer sein nicht zu reden. Unglücklicherweise, für sie, machte der gemeinsame Tisch sie zu meinem Versuchspartner und wie würden heute zusammen arbeiten müssen. Es würde seltsam aussehen – und unglaublich unhöflich – wenn ich sie während des Versuchs ignorieren würde. Es würde sie noch misstrauischer, noch ängstlicher machen…
Ich lehnte mich soweit von ihr weg wie es möglich war ohne meinen Stuhl wegzuschieben und drehte meinen Kopf zum Gang. Ich stütze mich ab, spannte meine Muskeln an und nahm einen schnellen Atemzug indem ich nur durch meinen Mund atmete.
Ah!
Es war wirklich schmerzhaft. Selbst wenn ich sie nicht roch, konnte ich sie auf meiner Zunge schmecken. Meine Kehle stand plötzlich wieder in Flammen, das Verlangen war genauso stark wie letzte Woche in dem Moment als ich ihren Duft das erste Mal aufgeschnappt hatte.
Ich presste die Zähne zusammen und versuchte mich zusammenzureißen.
„Die Zeit läuft,“ gab Mr. Banner den Startschuss.
Es fühlte sich an, als müsste ich jedes kleine bisschen Selbstkontrolle aufbringen, dass ich mir in siebzig Jahren erarbeitet hatte um sie ansehen zu können. Sie starrte vor sich auf den Tisch und lächelte.
„Ladies first?“ bot ich ihr an.
Sie sah auf und ihr Gesicht wurde ausdruckslos und ihre Augen weiteten sich. Stimmte etwas nicht mit meinem Gesichtsausdruck? Hatte ich ihr wieder Angst gemacht? Sie sagte nichts.
„Ich kann auch anfangen, wenn du willst,“ sagte ich leise.
„Nein,“ sagte sie und ihr Gesicht lief wieder rot an. „Ich mach schon.“
Ich starrte das Material auf dem Tisch an, das Mikroskop, die Schachtel mit den Präparaten – besser als zuzusehen wie das Blut unter ihrer blassen Haus zirkulierte. Ich nahm einen weiteren hastigen Atemzug durch meine Zähne und zuckte zusammen unter den Schmerzen die ihr Geschmack in meiner Kehler verursachte.
„Prophase,“ sagte sie nach einem kurzen Blick durch das Mikroskop. Sie wollte das Präparat schon entfernen obwohl sie kaum darauf geschaut hatte.
„Lässt du mich auch einen Blick darauf werfen?“ Instinktiv – dämlich, als wäre ich einer von ihnen – griff ich nach ihrer Hand um sie daran zu hindern, das Präparat zu entfernen. Für eine Sekunde brannte ihre Haut auf meiner. Es war wie ein elektrischer Impuls – heißer als 89,6 Grad. Die Hitze schoss durch meine Hand meinen Arm hinauf. Hastig zog sie ihre Hand unter meiner zurück.
„Entschuldigung,“ murmelte ich durch meine zusammengebissenen Zähne. Ich brauchte etwas wo ich hingucken konnte, also starrte ich kurz durch das Okular des Mikroskops. Sie hatte recht.
„Prophase,“ stimmte ich ihr zu.
Ich war immer noch zu verstört um sie anzusehen. Ich ignorierte den brennenden Durst als ich so leise wie möglich durch meine Zähne einatmete und konzentrierte mich auf die Aufgabe während ich das Wort in der richtigen Stelle des Arbeitsblattes eintrug und anschließend das Präparat austauschte.
Was dachte sie jetzt? Wie hat es sich für sie angefühlt als ich ihre Hand berührte? Meine Haut muss eiskalt gewesen sein – abstoßend. Kein Wunder dass sie so still war.
Ich streifte das Präparat mit einem Blick.
„Anaphase,“ sagte ich mehr zu mir selbst als ich es in der nächsten Zeile eintrug.
„Darf ich?“ fragte sie.
Ich sah auf und war überrascht zu sehen, dass sie eine Hand erwartungsvoll nach dem Mikroskop ausgestreckt hatte. Sie sah nicht verängstigt aus. Dachte sie wirklich meine Antwort wäre falsch?
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als ich den Hoffnungsvollen Blick sah mit dem sie das Mikroskop entgegennahm.
Sie schaute durch das Okular mit einem Eifer, der sich schnell wieder auflöste. Ihre Mundwinkel senkten sich.
„Präparat Nr. drei?“ fragte sie ohne von dem Mikroskop aufzusehen und hielt ihre Hand auf. Ich lies es in ihre Hand fallen, darauf bedacht sie nicht noch einmal zu berühren. Neben ihr zu sitzen war wie neben einem Heizstrahler zu sitzen. Ich konnte fühlen wie meine Temperatur leicht anstieg.
Sie sah sich das Präparat nicht sehr lange an. „Interphase,“ sagte sie lässig – vielleicht versuchte sie etwas zu lässig zu klingen – und schob mir das Mikroskop zu. Sie berührte das Arbeitsblatt nicht und wartet stattdessen darauf, dass ich die Antwort eintrug. Ich überprüfte ihre Antwort kurz – sie hatte wieder recht.
Wir beendeten die Übung auf diese Weise, sprachen nur das Nötigste und sahen uns nicht an. Wir waren als erstes fertig – die anderen hatten mehr Probleme mit dem Versuch. Mike Newton hatte Probleme sich zu konzentrieren – er versuchte Bella und mich zu beobachten.
Ich wünschte er wäre da geblieben wo auch immer er gewesen ist, dachte Mike und beobachtet mich wütend. Hmm, interessant. Ich wusste nicht, dass dieser Junge irgendeine Abneigung gegen mich hegte. Das war eine ganz neue Entwicklung, genau so neu wie die Ankunft des Mädchens. Aber was ich noch interessanter fand – zu meiner Überraschung – diese Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit.
Ich sah wieder zu dem Mädchen, verwirrt von der großen Spanne von Chaos und Umbruch die sie trotz ihres gewöhnlichen unbedrohlichen Auftretens in meinem Leben verursacht hatte.
Es war nicht so, dass ich nicht nachvollziehen konnte, was in Mike vorging. Sie war ehrlichgesagt ziemlich hübsch… auf eine ungewöhnliche Art und Weise. Ihr Gesicht war mehr interessant als schön. Nicht gerade symmetrisch – ihr schmales Kinn passte nicht zu ihren breiten Wangenknochen; Extreme Farben – der hell/dunkel Kontrast zwischen ihrer Haut und ihren Haaren; und dann waren da noch die Augen die übersprudelten vor lauter stillen Geheimnissen…
Augen die sich plötzlich in mich bohrten.
Ich starrte zurück und versuchte wenigstens eins dieser Geheimnisse zu ergründen.
„Hast du Kontaktlinsen bekommen?“ fragte sie auf einmal.
Was für eine seltsame Frage. „Nein.“ Ich musste fast lachen bei der Vorstellung, ich müsste mein Sehstärke verbessern.
„Oh,“ nuschelte sie. „Ich hatte das Gefühl dass deine Augen irgendwie anders sind.“
Ich fühlte mich plötzlich wieder kälter als ich verstand, dass ich offensichtlich nicht der einzige war der heute Geheimnisse aufdeckte.
Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich in die Richtung wo der Lehrer seine Runden zog.
Natürlich sahen meine Augen anders aus seit sie sie das letzte Mal gesehen hatte. Um mich auf die Tortur, auf das Verlangen heute vorzubereiten, hatte ich das ganze Wochenende damit verbracht zu jagen, meinen Durst so gut es ging zu stillen, zu übersättigen. Ich überfüllte mich mit dem Blut von Tieren, nicht dass es viel geändert hatte wenn ich wieder dem Duft gegenüberstand, der die Luft um sie herum füllte. Als ich sie das letzte Mal angesehen hatte, waren meine Augen schwarz vor Durst. Jetzt wo mein Körper mit Blut gefüllt war, hatten meine Augen einen warmen Goldton. Bernsteinfarben von meinem exzessiven Versuch meinen Durst zu stillen.
Noch ein Ausrutscher. Wenn ich gesehen hätte, was sie mit ihrer Frage meinte, hätte ich einfach ja gesagt.
Seit zwei Jahren saß ich nun zwischen den Menschen in dieser Schule, und sie war die erste die mich intensiv genug beobachtet hatte um den Unterschied meiner Augenfarbe zu bemerken. Die anderen schauten sofort weg, wenn wir die Blicke erwiderten die sie uns zuwarfen weil sie Schönheit meiner Familie bewunderten. Sie scheuen zurück, blockieren die Details unsere Erscheinung in dem instinktiven Bestreben besser nicht zu verstehen. Ignoranz war der Segen des menschlichen Geistes.
Warum musste es ausgerechnet dieses Mädchen sein, das zu viel sah?
Mr. Banner erreichte unseren Tisch. Dankbar inhalierte ich den frischen Windzug den er mitbrachte und der noch nicht von ihrem Duft getränkt war.
„Edward,“ sagte er mit dem Blick auf unseren Antworten. „Meinst du nicht Isabella hätte auch ein wenig am Mikroskop üben sollen?“
„Bella“ korrigierte ich reflexartig. „Um ehrlich zu sein, drei der fünf hat sie identifiziert.“
Mr. Banners Gedanken waren skeptisch, als er sich dem Mädchen zuwandte. „Hast du die Übung schon mal gemacht?“
Ich beobachtete sie, vertieft in ihr lächeln, dass ein wenig peinlich berührt aussah.
„Nicht mit Zwiebelwurzeln.“
„Mit Fisch-Blastula?“ riet Mr. Banner.
„Ja.“
Das überraschte ihn. Die heutige Übung hatte er von einem fortgeschritteneren Kurs übernommen. Er nickte dem Mädchen gedankenverloren zu. „Warst du in Phoenix in einem College-Vorbereitungskurs?“
„Ja.“
Sie war also fortgeschritten, intelligent für einen Menschen. Das überraschte mich nicht.
„Naja,“ sagte Mr. Banner und schürzte seine Lippen. „Vielleicht ist es ganz gut, dass ihr zusammensitzt.“ Er drehte sich um und nuschelte „Dann bekommen die anderen Kids die Chance selbst etwas zu lernen,“ vor sich hin. Ich bezweifelte, dass das Mädchen das gehört hatte. Sie begann wieder Kringel auf ihren Ordner zu malen.
Zwei Ausrutscher in einer halben Stunde. Eine ganz miserable Vorstellung von meiner Seite. Obwohl ich immer noch keine Ahnung hatte, was das Mädchen von mir dachte – wie viel Angst hatte sie, wie viel ahnte sie? – wusste ich dass ich mich noch mehr anstrengen musste um einen guten Eindruck bei ihr zu hinterlassen. Irgendwie musste ich ihre Erinnerung an unsere letzte grausame Begegnung ertränken.
„Schade um den Schnee, nicht war?“ wiederholte ich den Smalltalk, den duzende von Schülern schon geführt hatten. Ein langweiliges Gesprächsthema. Das Wetter – ein sicheres Thema.
Sie starrte mich zweifelnd an – eine unnormale Reaktion auf meine normale Frage. „Nicht wirklich,“ sagte sie und überraschte mich schon wieder.
Ich versuchte die Unterhaltung wieder auf einen banalen Pfad zu lenken. Sie kam aus einer warmen, helleren Gegend – ihre Haut strahlte das irgendwie aus – die Kälte musste unangenehm sein für sie. Genau wie meine eisige Berührung…
„Du magst die Kälte nicht,“ nahm ich an.
„Genau wie die Nässe,“ stimmte sie mir zu.
„Es muss schwer für dich sein, in Forks zu leben.“ Vielleicht hättest du nicht herkommen sollen, wollte ich noch hinzufügen. Vielleicht solltest du dahin zurückgehen wo du hingehörst.
Aber ich war mir nicht sicher, ob ich das wirklich wollte. Ich würde mich immer an den Duft ihres Blutes erinnern – gab es eine Garantie dafür, dass ich ihr nicht folgen würde? Abgesehen davon, wenn sie wieder wegging würden ihre Gedanken für immer ein Geheimnis bleiben. Ein quälendes ungelöstes Puzzel.
„Du hast ja keine Ahnung,“ sagte sie mit schwacher Stimme und blickte für einen Moment gedankenverloren an mir vorbei.
Ihre Antworten waren nie das, was ich erwartet hatte. Sie veranlassten mich dazu mehr Fragen zu stellen.
„Warum bist du dann hierher gekommen?“ hakte ich nach, und merkte sofort, dass mein Tonfall anklagend klang, nicht lässig genug für diese Unterhaltung. Die Frage klang unhöflich, neugierig.
„Es ist… kompliziert.“
Sie blinzelte kurz mit ihren großen Augen und beließ es dabei. Ich platzte fast vor Neugierde – die Neugierde brannte genauso heiß wie der Durst in meiner Kehle. Ehrlichgesagt, wurde es langsam einfacher zu atmen; die Qual wurde erträglicher durch die Vertrautheit.
„Ich denke, ich werd’s verstehen,“ beharrte ich. Vielleicht würde normale Neugierde sie dazu bringen meine Fragen so lange zu beantworten, wie ich unhöflich genug war, sie zu stellen.
Sie schwieg und starrte auf ihre Hände. Das machte mich ungeduldig; ich wollte meine Hand unter ihr Kinn legen und ihren Kopf anheben, damit ich in ihren Augen lesen konnte. Aber das wäre dumm von mir – gefährlich – ihre Haut noch einmal zu berühren.
Plötzlich sah sie auf. Es war eine Erleichterung die Gefühle wieder in ihren Augen sehen zu können. Sie sprach schnell, ratterte die Wörter herunter.
„Meine Mutter hat wieder geheiratet.“
Ah, das war sehr menschlich, leicht zu verstehen. Sie senkte betrübt ihre klaren Augen und die kleine Falte erschien wieder zwischen ihnen.
„Das hört sich nicht so kompliziert an,“ sagte ich. Meine Stimme war freundlich ohne dass ich groß etwas dazu beitragen musste. Ihre Betrübnis machte mich seltsam hilflos und ich wünschte mir ich könnte irgendetwas für sie tun. Ein merkwürdiger Impuls. „Wann war das?“
„Letzten September.“ Sie atmete tief aus – nicht wirklich ein Seufzen. Ich hielt die Luft an, als ihr warmer Atem mein Gesicht berührte.
„Und du magst ihn nicht.“ Vermutete ich in der Hoffnung mehr Informationen zu bekommen.
„Nein, Phil ist schon ok,“ sagte sie und korrigierte meine Annahme. Die Andeutung eines Lächelns umspielte ihre vollen Lippen. „Ein bisschen zu jung vielleicht, aber nett.“
Das passte nicht zu der Situation die ich mir ausgemalt hatte.
„Warum bist du nicht bei ihnen geblieben?“ fragte ich etwas zu neugierig. Es klang naseweis. Was ich zugegebenermaßen ja auch war.
„Phil reist sehr viel. Er spielt Profi-Baseball.“ Das kleine Lächeln trat nun deutlicher hervor; diese Berufswahl amüsierte sie.
Ich lächelte auch ohne dass ich es beabsichtigt hätte. Ich versuchte gar nicht ihr ein behagliches Gefühl zu vermitteln. Ihr Lächeln bewirkte, dass ich zurücklächeln wollte – um ehrlich zu sein.
„Kenne ich ihn?“ Ich arbeitete die Liste aller Profi Baseballer im Kopf ab und fragte mich, welcher Phil ihrer war…
„Eher nicht. So gut spielt er nicht.“ Wieder ein Lächeln. „Zweite Liga. Er wechselt ständig.“
Die Liste in meinem Kopf veränderte sich und ich tabellierte eine Liste anderer Möglichkeiten in weniger als einer Sekunde. Zur selben Zeit, malte ich mir die neue Situation aus.
„Und deine Mutter hat dich hierher geschickt, damit sie mit ihm reisen kann,“ sagte ich. Spekulationen schienen mehr Informationen aus ihr herauszubekommen als meine Fragen vorher. Es klappte wieder. Sie schob ihr Kinn vor und ihr Gesichtsausdruck war plötzlich starsinnig.
„Nein, sie hat mich nicht geschickt,“ sagte sie und ihre Stimme klang hart. Meine Annahme hatte sie aufgebracht, obwohl ich nicht verstand, warum. „Ich hab mich selbst geschickt.“
Ich verstand die Bedeutung nicht und auch nicht den Grund für ihren Groll. Ich war gänzlich verloren.
Also gab ich auf. Ich wurde einfach nicht schlau aus diesem Mädchen. Sie war nicht wie anderen Menschen. Vielleicht waren die Stille ihrer Gedanken und ihr verlockender Duft nicht die einzigen Dinge die anders an ihr waren.
„Das verstehe ich nicht,“ gab ich zu und hasste es, das einzugestehen.
Sie seufzte und schaute mir in die Augen, länger als nahezu jeder normale Mensch es geschafft hätte.
„Zuerst blieb sie bei mir aber sie hat ihn vermisst,“ erklärte sie langsam, ihr Tonfall hörte sich mit jedem Wort einsamer an. „Es hat sie unglücklich gemacht… also habe ich mich dazu entschlossen, etwas mehr Zeit mit Charlie zu verbringen.“
Die kleine Falte zwischen ihren Augen wurde tiefer.
„Und jetzt bist du unglücklich,“ murmelte ich. Ich könnte nicht damit aufhören meine Hypothesen laut auszusprechen in der Hoffnung aus ihren Reaktion zu lernen. Diese, wie auch immer, schien nicht allzu weit von der Wahrheit entfern zu sein.
„Und?“ sagte sie, als wäre das ein Aspekt der nicht berücksichtigt werden müsse.
Ich starrte ihr weiter in die Augen und merkte dass ich nun endlich meinen ersten echten kleinen Einblick in ihre Seele bekommen hatte. In diesem einen Wort sah ich, welchen Platz sie sich auf ihrer Prioritätenskala einräumte. Anders als bei anderen Menschen, standen ihre eigenen Bedürfnisse ganz weit unten auf der Liste.
Sie war selbstlos.
Als mir das bewusst wurde begann sich das Geheimnis um diese Person die sich hinter stummen Gedanken versteckte ein wenig zu lüften.
„Das klingt nicht gerade fair,“ sagte ich. Lässig zuckte ich mit den Schultern um meine Neugierde zu verbergen.
Sie lachte, aber es klang nicht amüsiert. „Hat dir das noch keiner gesagt? Das Leben ist nicht fair.“
Ich wollte über ihre Worte lachen, obwohl auch ich nicht amüsiert war. Ich wusste ein kleines bisschen was über die Ungerechtigkeit im Leben. „Ich denke, das habe ich schon mal irgendwo gehört.“
Sie starrte mich an und wirkte wieder verwirrt. Ihre Augen flackerten und dann trafen sie meine wieder.
„Das ist alles,“ sagte sie mir.
Aber ich war noch nicht bereit, diese Unterhaltung zu beenden. Das kleine V zwischen ihren Augen, ein Anzeichen von Sorge, störte mich. Ich wollte es mit meinen Fingerspitzen glattstreichen. Aber selbstverständlich konnte ich sie nicht berühren. Es war in so vielerlei Hinsicht nicht sicher.
„Du überspielst das ziemlich gut.“ Ich sprach langsam, erwog immer noch die nächste Hypothese. „Aber ich wette du leidest mehr als du irgendjemandem zeigst.“
Sie verzog das Gesicht, ihre Augen verengten sich, ihre Lippen formten einen Schmollmund und sie wandte sich wieder nach vorn zum Lehrerpult. Sie mochte es nicht, wenn ich richtig riet. Sie war kein typischer Märtyrer – sie wollte kein Publikum für ihren Schmerz.
„Habe ich unrecht?“
Sie wich leicht zurück, aber tat so als hätte sie mich nicht gehört.
Ich musste lächeln. „Ich denke nicht.“
„Warum interessiert dich das überhaupt?“ verlangte sie zu wissen und starrte mich wieder an.
„Das ist eine gute Frage.“ Gab ich zu, mehr zu mir selbst statt als Antwort.
Ihr Urteilsvermögen war besser als meins – sie sah den Kern der Dinge während ich am Rand herum zappelte und blind die Anhaltspunkte durchsiebte. Die Details ihres menschlichen Lebens sollten mich nicht interessieren. Es war falsch von mir mich um ihre Gedanken zu sorgen. Abgesehen vom Schutz meiner Familie waren menschliche Gedanken bedeutungslos.
Ich war es nicht gewohnt der weniger intuitiver Part einer Beziehung zu sein. Ich verließ mich zu sehr auf mein besonderes Gehör – ich war nicht so scharfsinnig wie ich immer dachte.
Das Mädchen seufzte und blickte wieder nach vorne. Irgendetwas an ihrem frustrierten Gesichtsausdruck war belustigend. Die ganze Situation, die ganze Unterhaltung war belustigend. Niemand befand sich jemals in größerer Gefahr vor mir als diese kleine Mädchen – jeden Moment, abgelenkt von dieser lächerlichen Konversation, konnte ich durch meine Nase einatmen, die Beherrschung verlieren und sie anfallen – und sie war irritiert weil ich ihre Frage nicht beantwortet hatte.
„Nerve ich dich?“ fragte ich und schmunzelte über die Lächerlichkeit des ganzen.
Sie warf mir einen flüchtigen Blick zu und dann schienen ihre Augen von meinen gefangen.
„Nicht wirklich,“ erklärte sie mir. „Ich bin von mir selbst genervt. Mein Gesicht ist so einfach zu lesen – meine Mutter nennt mich immer ihr offenes Buch.“
Verärgert runzelte sie die Stirn.
Ich starrte sie erstaunt an. Sie war verärgert weil ich sie zu leicht durchschaute. Wie bizarr. Es hat mich in meinem ganzen Leben noch nie so viel Aufwand gekostet um jemanden zu verstehen – oder besser Existenz, Leben war wohl kaum das richtige Wort. Ich hatte nicht wirklich ein Leben.
„Ganz im Gegenteil,“ wiedersprach ich und fühlte mich seltsam… vorsichtig, als ob da irgendeine versteckte Gefahr wäre die ich nicht sehen konnte. Plötzlich war ich auf der Hut, die Vorwarnung machte mich vorsichtig. „Ich finde du bist sehr schwer zu lesen.“
„Dann musst du ein guter Leser sein,“ folgerte sie, und hatte mit ihrer Vermutung wieder mitten ins Schwarze getroffen.
„Normalerweise,“ stimmte ich ihr zu.
Ich lächelte breit um meine leuchtenden, messerscharfen Zähne zu zeigen.
Es war dumm von mir das zu tun aber plötzlich wollte ich verzweifelt eine Warnung an dieses Mädchen loswerden. Ihr Körper war näher als vorher, ihre Haltung hatte sich unbewusst geändert während unserer Unterhaltung. All die kleinen Zeichen und Hinweise die dazu dienten alles Menschliche ängstlich auf Abstand zu halten, schienen bei ihr nicht zu wirken. Warum wich sie nicht zurück vor Schreck? Sicher hatte sie genug von meiner dunklen Seite gesehen um die Gefahr zu bemerken, aufmerksam wie sie war.
Ich kam nicht dazu zu sehen, ob meine Warnung den gewünschten Effekt erzielt hatte. Mr. Banner bat um die Aufmerksamkeit der Klasse und sie wandte sich von mir ab. Sie wirkte erleichtert über die Unterbrechung, also hatte sie es vielleicht unterbewusst verstanden.
Ich hoffe, sie hatte.
Ich bemerkte die Faszination die in mir aufkeimte und versuchte sie zu entwurzeln. Ich konnte es mir nicht leisten, Bella Swan interessant zu finden. Oder besser, sie konnte es sich nicht leisten. Und trotzdem sehnte ich mich schon nach einer weiteren Chance um mit ihr zu reden. Ich wollte mehr über ihre Mutter wissen, ihr Leben bevor sie hierherkam, ihr Beziehung zu ihrem Vater. All die unbedeutenden Details die ihren Charakter deutlicher hervorbringen würden. Aber jede Sekunde, die ich mit ihr verbrachte, war ein Fehler, ein Risiko dass sie nicht eingehen sollte.
Gedankenverloren warf sie ihre Haare herum genau in dem Moment als ich mir erlaubte zu atmen. Eine konzentrierte Welle ihres Duftes traf mich tief im Rachen.
Es war wie am ersten Tag – wie die Abrissbirne. Der Schmerz der brennenden Trockenheit ließ mich schwindeln. Ich musste wieder den Tisch umklammern um mich auf meinem Stuhl zu halten. Dieses Mal hatte ich etwas mehr Kontrolle. Wenigstens machte ich nichts kaputt. Das Monster knurrte in mir, genoss aber nicht den Schmerz. Er war zu fest angebunden. Für den Moment.
Ich stellte das Atmen vollständig ein und lehnte mich so weit von dem Mädchen weg, wie ich konnte.
Nein, ich konnte es mir nicht leisten, sie faszinierend zu finden. Je interessanter ich sie fand umso größer war die Chance, dass ich sie töten würde. Ich hatte heute schon zwei kleine Ausrutscher gehabt. Würde ich einen dritten machen, der nicht klein war?
Sobald die Glocke klingelte, floh ich aus dem Klassenraum – vermutlich zerstörte ich dadurch den kleinsten Eindruck von Höflichkeit den ich fast aufgebaut hatte während dieser Stunde. Wieder keuchte ich an der frischen Luft als wäre sie eine heilende Essenz. Ich beeilte mich, so viel Abstand wie möglich zwischen mich und das Mädchen zu bringen.
Emmett wartete vor unserem Spanischkurs auf mich. Er las meinen wirren Gesichtsausdruck für einen Moment.
Wie lief es? Wunderte er sich wachsam.
„Niemand ist gestorben,“ murmelte ich.
Na das ist doch was. Als ich sah wie Alice das Ende der letzten Stunde geschwänzt hat, dachte ich schon…
Als wir den Klassenraum betraten sah ich seine Erinnerung an kurze Zeit vorher, die er durch die offene Tür seiner letzten Unterrichtsstunde gesehen hatte: Alice lief eilig und ausdruckslos über den Platz in Richtung Wissenschaftsgebäude. Ich fühlte die Erinnerung an sein verlangen aufzustehen und zu ihr zu gehen und dann seine Entscheidung zu bleiben. Wenn Alice seine Hilfe brauchte, würde sie fragen…
Ich schloss meine Augen vor Ekel und Abscheu während ich mich auf meine Stuhl fallen lies. „Ich hatte nicht bemerkt, dass es so knapp war. Ich hätte nicht gedacht, ich würde… ich sah nicht, dass es so schlimm war,“ flüsterte ich.
War es auch nicht, beruhigte er mich. Niemand ist gestorben, richtig?
„Richtig,“ quetsche ich durch meine Zähne. „Diesmal nicht.“
Vielleicht wird es leichter.
„Klar.“
Oder, vielleicht tötest du sie auch. Er zuckte mit den Schultern. Du wärst nicht der erste, der es vermasselt. Niemand würde dich zu hart verurteilen. Manchmal riecht ein Mensch einfach zu gut. Ich bin beeindruckt, dass du so lange durchhältst.
„Das ist nicht gerade hilfreich, Emmett!“
Ich war empört darüber, dass er einfach so akzeptierte, dass ich das Mädchen töten würde, dass das irgendwie unumgänglich war. War es etwa ihre Schuld, dass sie so gut roch?
Ich weiß noch, als es mir passierte…, er erinnerte sich und nahm mich mit sich ein halbes Jahrhundert zurück, auf eine Landstraße in der Dämmerung, wo eine Frau mittleren Alters ihre trockene Wäsche abnahm, die zwischen zwei Apfelbäumen an einer Leine hing. Der Duft von Äpfeln hing schwer in der Luft – die Ernte war vorüber und die überreifen Früchte lagen auf dem Boden verteilt, die Druckstellen ließen ihren Duft in dicken Wolken auslaufen. Ein frisch gemähtes Feld bildete den Hintergrund zu diesem Duft, harmonisch. Er ging die Landstraße entlang, nahm die Frau überhaupt nicht war auf seinem Botengang für Rosalie. Der Himmel über ihm war lila, im Westen orange. Er wäre den verschlängelten Weg weitergegangen und es hätte keinen Grund gegeben, sich an diesen Nachmittag zu erinnern, abgesehen von der leichten Briese, die die weißen Laken aufblähte wie Segel im Wind und die den Duft der Frau über Emmetts Gesicht fächerte.
„Ah,“ grummelte ich leise. Als ob die Erinnerung an meinen eigenen Durst nicht schon genug wäre.
Ich weiß. Ich hab’s nicht mal eine Sekunde ausgehalten. Ich hab nicht mal darüber nachgedacht zu wiederstehen.
Seine Erinnerungen wurden zu detailiert für mich um sie noch länger zu ertragen.
Ich sprang auf meine Füße, meine Zähne so hart aufeinander gepresst, dass sie durch Stahl hätten schneiden können.
„Esta bien, Edward?“ fragte Senora Goff, erschrocken von meiner plötzlichen Bewegung. Ich konnte mein Gesicht in ihren Gedanken sehen und wusste, dass ich alles andere als gesund aussah.
„Me perdona,“ murmelte ich, als ich zur Tür stürmte.
„Emmett – por favor, puedas tu ayuda a tu hermano?“ fragte sie und gestikulierte hilflos in meine Richtung, als ich aus dem Raum hastete.
„Klar,“ hörte ich ihn sagen. Und dann war er direkt hinter mir.
Er folgte mir zur anderen Seite des Gebäudes, wo er mich einholte und mir seine Hand auf die Schulter legte.
Ich schüttelte seine Hand mit unnötiger Gewalt ab. Es hätte sämtliche Knochen in einer menschlichen Hand gebrochen und sogar noch die Knochen des Arms der daran hing.
„Tut mir leid, Edward.“
„Ich weiß.“ Ich atmete ein paarmal tief ein und aus um einen klaren Kopf zu bekommen und meine Lungen zu reinigen.
„Ist es genauso schlimm?“ fragte er und versuchte nicht an den Duft und den Geschmack aus seinen Erinnerungen zu denken, nicht gerade erfolgreich.
„Schlimmer, Emmett, schlimmer.“
Für einen Moment war er ganz still.
Vielleicht…
„Nein, es wäre nicht besser, wenn ich es einfach hinter mich bringe. Geh zurück in die Klasse, Emmett. Ich möchte allein sein.“
Er drehte sich ohne ein weiteres Wort und ohne einen Gedanken um und ging zurück. Er würde der Spanischlehrerin sagen, dass ich krank war, oder dass ich schwänzte, oder dass ich ein gefährlicher, unkontrollierbarer Vampir war. War seine Entschuldigung wirklich von Bedeutung? Vielleicht kam ich nicht mehr zurück. Vielleicht musste ich gehen.
Ich ging zurück zu meinem Auto um auf Schulschluss zu warten. Um mich zu verstecken. Schon wieder.
Ich hätte die Zeit nutzen sollen um einen Entscheidung zu treffen, oder um meine Entschlossenheit zu verstärken, stattdessen, wie ein Süchtiger, erwischte ich mich dabei wie ich die Gedanken, die vom Schulgebäude wiederhallten durchsuchte. Die bekannten Stimmen traten deutlich hervor, aber ich war im Moment nicht interessiert an Alices Visionen oder Rosalies Beschwerden. Ich fand Jessica, aber das Mädchen war nicht bei ihr, also suchte ich weiter. Mike Newtons Gedanken erregten meine Aufmerksamkeit und ich fand sie letztendlich im Sportunterricht. Er war unglücklich weil ich heut in Biologie mit ihr gesprochen hatte. Er grübelte über ihre Reaktion als er das Thema angesprochen hatte…
Ich hab ihn ehrlichgesagt noch nie mit jemandem mehr als nur ein paar Wörter wechseln sehen. Natürlich entschloss er sich Bella interessant zu finden. Ich mag nicht, wie er sie ansieht. Aber sie scheint nicht besonders angeregt zu sein von ihm. Was hat sie noch gleich gesagt? `Ich frag mich, was er letzten Montag hatte.` Irgendwas in der Art. Hörte sich nicht so an, als würde es sie interessieren. Es kann keine besondere Unterhaltung gewesen sein…
Auf diese Art redete er sich weiter Mut zu, überzeugt davon, dass Bella kein Interesse an dem Austausch mit mir gehabt hat. Das ärgerte mich ein bisschen zu sehr für meinen Geschmack, also hörte ich auf ihn zu belauschen.
Ich legte eine CD mit brutaler Musik ein und drehte die Anlage so weit auf, bis sie alle anderen Stimmen übertönte. Ich musste mich sehr stark auf die Musik konzentrieren um nicht wieder zu Mike Newtons Gedanken zu driften, um das ahnungslöse Mädchen auszuspionieren…
Ich schummelte ein paar Mal als die Schulstunde sich dem Ende näherte. Nicht um zu spionieren, redete ich mir ein. Ich wollte mich bloß vorbereiten. Ich wollte genau wissen, wann sie die Sporthalle verließ, wann sie auf dem Parkplatz sein würde. Ich wollte nicht, dass sie mich überraschte.
Als die Schüler aus der Sporthalle strömten stieg ich aus meinem Auto aus, unsicher, warum ich das tat. Es regnete leicht – ich ignorierte, dass er langsam meine Haare tränkte.
Wollte ich, dass sie mich hier sah? Hoffte ich, dass sie mich ansprechen würde? Was tat ich hier?
Obwohl ich versuchte, mich davon zu überzeugen wieder ins Auto zu steigen, bewegte ich mich nicht, wohlwissen dass mein Verhalten erbärmlich war. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und atmete sehr flach, als ich sah wie sie in meine Richtung lief, ihre Mundwinkel nach unten verzogen. Sie sah mich nicht an. Sie blickte ein paarmal wütend zum Himmel, als ob er sie ärgern wollte.
Ich war enttäuscht, als sie ihren Wagen erreichte bevor sie an mir vorbei musste. Hätte sie mich angesprochen? Hätte ich sie angesprochen?
Sie stieg in einen ausgeblichenen roten Chevy Truck, ein rostiger Gigant, der älter als ihr Vater war. Ich beobachtete wie sie den Truck startete – der alte Motor röhrte lauter als irgendein anderes Gefährt auf dem Parkplatz – um dann die Hände vor den Heizlüfter zu halten. Die Kälte war ihr unangenehm – sie mochte sie nicht. Sie kämmte mit ihren Fingern durch ihre dichten Haare, hielt die Locken in die warme Luft als ob sie versuchte sie zu föhnen. Ich stellte mir vor, wie das Führerhaus des Trucks roch und verwarf den Gedanken schnell wieder.
Sie sah sich kurz um, bevor sie ausparkte und blickte endlich in meine Richtung. Sie starrte mich für weniger als eine halbe Sekunde an und alles was ich in ihren Augen lesen konnte war Überraschung, bevor sie wieder wegsah und ihren Truck zurücksetzte. Nur um sofort wieder mit quietschenden Reifen zum Stehen zu kommen. Die Rückseite ihres Trucks wäre um ein Haar mit Erin Teagues Kleinwagen zusammengestoßen.
Sie starrte in ihren Rückspiegel und verzog ärgerlich den Mund. Als der Wagen an ihr vorbeigefahren war, überprüfte sie alle toten Winkel zweimal und fuhr dann so langsam und vorsichtig aus ihrer Parklücke, dass ich grinsen musste. Es war als würde sie denken sie sei gefährlich in ihrem baufälligen Truck.
Der Gedanke dass Bella Swan irgendwem gefährlich werden konnte, egal was für ein Auto sie fuhr, brachte mich zum Lachen während sie an mir vorbeifuhr und stur geradeaus schaute.
 
 
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